Mio Zajac Only Fans

27. Jun 02. Aug. 2025

Mio Zając – OnlyFans

Der Moment, als die Protagonistin von Fleabag (2016-2019) in Staffel 2, Episode 4, zu ihrer Therapeutin “I wanna fuck a priest” sagte, war mindestens genauso weltverändernd, wie als Martin Luther seine 95 Thesen (allegedly) an die Schlosskirche in Wittenberg hämmerte. Und jene Welt, in der Fleabag spielte, liegt schon fast 10 Jahre zurück. Das soziokulturelle und politische Pendulum der Welt schwingt wieder nach rechts. Und erneut haben wir einen Papst Leo als Reaktion auf eine Zeitenwende.
Die Jahre der Reformation sind vorbei. Mit dem Wechsel des CEOs für Freiheit™️ der United States of America Company Ltd. wurde der propagierte Fortschritt über Nacht zum Rückschritt. Die Welt wird nicht mehr erforscht und hinterfragt, sie wird generiert. Annekathrin Kohouts Konzept der „Reaktionskultur“ bringt es auf den Punkt: Reaktion folgt nicht mehr auf Inhalt, sondern sie ist der Inhalt geworden. Und wie viel Handlungsspielraum haben Menschen, wenn ihre Reaktion nicht mehr use of free will ist, sondern algorithmisch provoziert wird?
Mio Zając arbeitet mit jener Reaktionskultur. Mit Provokation und Humor eckt er immer wieder an, mal so 😨, mal so 🙄. Nicht umsonst war sein Abschlussprojekt an der Kunstakademie Düsseldorf vergangenes Jahr ein monumentales Bild von Hitler – sike! Es war Charlie Chaplin in seiner Rolle als Der große Diktator (1940). Banalität stellt er aufs Podest und das Autoritäre (in beiden Sinnen des Wortes) kickt er vom hohen Ross.
In seinem aktuellen Werkzyklus arbeitet Mio Zając mit Emojis. Seine KI-halluzinierten und aus der (Kunst-)Geschichte gesnatchten Körper speisen sich aus tausenden flirrenden Emojis, so wie Thomas Hobbes‘ Leviathan (1651) als Tyrann und Herrscher von Gottesgnaden aus der Gesamtheit seines Volkes besteht.
Macht ist sexy, und das zweite Gebot Du sollst den Namen des Herrn nicht für das Wahnhafte missbrauchen! Ist vergessen. Zurück zur einfachen Welt – Wir wollen alle wieder dominiert werden. OOTD ist #CatholicCore und nun schauen wir Conclave (2024), warten vorm Vatikan und im Livestream, und jubeln über den weißen Rauch. Endlich wieder etwas fühlen in dieser abgestumpften Welt. Endlich wieder für etwas brennen, und selbst wenn es das Fegefeuer ist. Nicht umsonst heißt es religiöser Fanatismus. Alles ist ironisch gemeint – bis es das halt irgendwann nicht mehr ist.
Kalkulierte Algorithmen sind die neue unsichtbare Hand, die alles lenkt. Die Welt ist ein Fiebertraum, voll mit den Monstern mittelalterlicher Buchmalerei. Wann der Trip endlich vorbei ist? Der fängt gerade erst an: Willkommen in der Gegenreformation ✌😗.

Jennifer Braun (The Gen Z Art Critic)

Secession
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Ich wollte mal Künstler werden
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