ALL IN/6 

Arno Beck | Matthias Danberg | Florian Kuhlmann | Anna Nero | Michael Reisch | Roland Schappert

 

Exhibition: Fr 01.02. – Sa 02.03.
Opening: Fr 01.02., 18 Uhr 
Finissage: Sa 02.03., 18 Uhr

Arno Beck 
Arno Beck’s works have evolved from the contemplation on contemporary digital culture whilst keeping the tradition of painting in mind. His approach of experimental printmaking and conceptual painting is an interplay between the virtual computer world and traditional, artistic techniques. The motifs are based on his interest for early low resolution computer graphics, games and interfaces. Focusing on the analog production of computer generated imagery, he transforms those digital images into the pictorial space expressing the urge of capturing digital aesthetics with painterly means. Based on the confrontation with early graphic and imaging programs Beck has developed a formal language which he uses to structure his pictorial space. Pixel Clusters arranged in particular ways, imitate duct and materiality of different painting methods, like pen drawings or blurry spray paint. His vocabulary of painting consists of geometric shapes, pixelated lines and binary, yet painterly gestures which feature a range of visual textures. The materialization of digital imagery and the transformation of those screen based impressions into physical haptic existence, is one of the central aspects in Beck’s Oeuvre – Surface structure plays a key role in his works. Transferred from the computer screen the color itself becomes a physically experienceable matter which materializes on the canvas and in some paintings casts a drop shadow, creating a layer that pretends to be floating over the pictorial surface. Beck integrates this thinking in layers, as cultivated by working with graphic programs, into the act of painting. Graphical control elements like overlapping windows and mouse cursors, shift the level of depiction to a metalevel. The appearance of those elements takes the viewer a step back from the painting itself, looking at a users interface instead – A picture within a picture. To emphasize this relation from painting to image processing, Beck often uses the grey / white checked pattern as a background in his paintings. In imaging programs this surface is the digital equivalent to a white canvas in the physical space, serving as a starting point for new works.

Matthias Danberg
Matthias Danbergs Ästhetik ist kühl und präzise, bisweilen messerscharf; sie verknüpft Dinge, Personen und Räume zu fremdartigen Szenerien. Viele erinnert seine Ästhetik deshalb an Vor-Bilder der Science Fiction- und Fantasy-Filme. Das kann man in etwa so sehen, ist aber nicht sein Ziel, und nur scheinbar übernimmt er Figuren aus solchen Filmen. Seine Ablehnung der Pop-Art gegenüber, die dezidiert Bild-Vorlagen wie ready-mades genutzt hat, macht seine Grundeinstellung sehr deutlich. Matthias Danbergs 3D-Animationen oder Filme wollen mit den oft zitierten Kino-Filmen allerdings konkurrieren, und hier meint er ganz selbstbewusst die genuine Qualität des Künstlerischen, im gänzlich klassischen Sinn. Spannender Weise spricht er im Kontext digitaler Kunst von “Demokratisierung“. „Was früher im Bereich Film bzw. „Fantasy“ nur mit einem riesigen Aufwand an Menschen, Technik und Zeit möglich war, ist heute mit digitaler Technik durchaus schnell und ökonomisch im Künstleratelier realisierbar und schafft so die Möglichkeit ästhetischer Opposition, Möglichkeiten für künstlerisches Arbeiten…“. Angesprochen auf virtuelle Welten antwortet M.D. ebenfalls sehr gelassen, und erklärt, dass es schon immer virtuelle Welten gegeben hat – das sei, historisch gesehen, nichts Neues.  „Die Steinzeitmenschen, am Lagerfeuer sitzend, haben sich Geschichten erzählt, Märchen, Mythen – da finden sich Menschen sehr schnell in virtuellen Welten zusammen…, mit diesen Geschichten haben die Menschen versucht, sich und die Welt zu begreifen “. In diesem Sinne begreift der Künstler auch die Bibel als Geschichtensammlung und die Erzählungen als Versuch oder Beispiel, Welt und Weltgeschehen zu beschreiben und zu erklären. Matthias Danbergs Kunst ist für mich eindeutig narrativ, aber er bietet nicht eine eindimensionale Deutung an, sondern kombiniert oder verknüpft verschiedene Erzählungen, Märchen und Mythen, verknüpft Vergangenes mit Gegenwärtigem. Vorrangig die Zeit des Archaischen, die Zeit der Technik und der Technologie und die Weiterentwicklung, die Zukunft. Mitunter bezieht er sich auf die Zeit der Antike und des Mittealters. Immer aber geht es um das Thema Zeit, bildet die zeitliche Spur einen roten Faden. Interessanterweise entdecken wir solcherart musterhafte Verhaltensweisen und Erklärungsmodelle, erkennen wir im Vergangenen das Gegenwärtige und umgekehrt. Archetypisch scheinen Themen auf, Themen bezüglich Gewalt, Macht, Herrschaft, Unterwerfung auf … archetypische Riten … ebenso Visionen des Apokalyptischen.
In diesem Sinne geht es ihm um Erkenntnisgewinn, um die Tatsache, dass manche Mythen oder Verhaltensmuster weitergegeben und zu Grundmustern unseres Denkens und Verhaltens werden, andere aber auch verschwinden. Märchen, Mythen, Erzählungen – obwohl gänzlich immateriell – prägen unser Bewusstsein und hier geht es sowohl um sprachlich Vermitteltes als auch um Bilder der visuellen Medien. Ganz deutlich auch um Bilder der Kunstgeschichte, von der Antike zu Dürer bis hin zu Bildern des sozialistischen Realismus‘, Bilder, die Teil unseres kulturellen Gedächtnisses geworden sind. Wenn es um Verknüpfung geht, auch um Verknüpfung verschiedener Zeitebenen, muss der Künstler Welten erschaffen, die das dokumentarische Abfilmen des Äußerlichen oder scheinbar Gegenwärtigen, weit hinter sich lassen. Solcherart nutzt Matthias Danberg unendlich gedehnte Räume, spielt er mit irrealen Farben, spielt er a-logisch mit Materialreizen, kombiniert er Reales mit Fiktionalem, Technisches mit Organischem oder Vegetativem, dehnt er Bewegungen zeitlupenartig, nutzt er monumentalisierende Mittel, spielt er gekonnt mit Luftspiegelungen etc.. Aber alles mit einer Schärfe und Präzision, mit einer „überzeichneten“ Perspektivität, dass das Gezeigte zugleich befremdlich und bedrückend real erscheint.  Das generelle künstlerische Prinzip der Montage ist hier das entscheidende formale Prinzip, ein Prinzip, das Matthias Danberg bis hin zur Metamorphose steigert. Gemeint ist eine Kombinatorik von Dingen, Personen und Räumen, die bisher nicht als zusammengehörig galten, die der digitale Film aber zusammenzwingt und so ein Zusammenlesen durch den Betrachter einfordert, bzw. eine solche Sicht auf die Welt postuliert. Und nun geht es eben nicht nur um die Kombinatorik von Dingen und Personen, sondern auch um die Kombinatorik der damit verbunden Geschichten, als Erzählungen oder Mythen. Die Welt ist komplex geworden, mit einfachen Formeln oder Deutungen kommen wir ihr nicht mehr bei – das zeigen Matthias Danbergs digitale Filme ganz deutlich.

Ulrich Marquardt

Florian Kuhlmann
Florian Kuhlmann arbeitet seit 2007 als freier Künstler, Autor, Kurator, Programmierer und Projektentwickler in Düsseldorf. Von 2002 bis 2007 studierte er Medienkunst bei Dr. Hans Ulrich Reck, Frans Vogelaar, Peter Zimmermann und Dieter Jung an der KHM in Köln.
Der Schwerpunkt seiner künstlerischen und beruflichen Tätigkeit ist ‚die Digitalität’ und ‚das Netz’ sowie die dadurch neu entstehenden Kontexte. Seit mehr als 15 Jahren beschäftigt er sich auf unterschiedliche Weisen und in verschiedenen Rollen mit den Phänomenen einer zunehmend durch Algorithmen und Software geprägten Wirklichkeit. Neben seiner Arbeit als Künstler und Kurator, betreibt er seit 2010 den Blog perisphere.de und seit Ende des Jahres 2014 den Projektraum #digital3mpire in Düsseldorf, Friedrichstadt. Weite Teile seiner künstlerischen Produktion sind frei im Netz zugänglich, vieles steht unter Creative Commons Lizenzen zum freien Download bereit. Die sich daraus ergebenden Fragen rund um Zugang, Verfügbarkeit, Original/Kopie/Unikat, aber auch um den Wert und die zunehmende Entwertung künstlerischer Produktionen durch die Digitalisierung sind zentrale Leitmotive seines Tuns.

 

Michael Reisch – Post-Photographic-Prototyping 
Nimmt man das Kompositwort  „Photo-Graphie“ wörtlich, dann wird mit Licht geschrieben. Wer aber ist es, der da schreibt und was wird geschrieben? Sind es die Dinge selbst, die sich mit Hilfe des Objektivs und des Lichts in die Emulsion des Films oder seit der Einführung digitaler Bildverfahren in den Datenspeicher der Foto-Apparatur einschreiben? Oder ist es in erster Linie der Fotograf, der mit seinem Können und seiner Autorenschaft dem Bild seine ganz persönliche Handschrift verleiht? Der Streit darüber, was ein Foto ist und wer oder was es zustande bringt, ist so alt wie das Medium selbst.
In dieser nicht enden wollenden Debatte wird bisweilen einer bekannten, im Rheinland begründeten Fotografenschule nachgesagt, dass sich in erster Linie die Dinge, die sich einmal vor dem Objektiv befunden haben 1:1 im Bild wiederfinden lassen, was einer totalen Verkürzung oder sogar einem kompletten Missverständnis gleichkäme. Denn der Eigenanteil des Fotografen beim Zustandekommen seiner Bilder, die Entscheidungen bei der Bildbearbeitung, die zunehmende Anwendung neuester Technologien und computergestützter Bildverfahren stellen seit einigen Jahren wesentliche Komponenten der Foto-Bildgenese dar.
Die Frage also, was ein Foto ist und was es sichtbar macht, lässt sich heute nicht mehr in einem kurzen Satz beantworten: Die technischen Neuerungen immer avancierterer Bildgebungsverfahren gehen weiter und weiter, ein Ende ist vorerst noch nicht abzusehen. Die Einbeziehung sogenannter künstlicher Intelligenz bei der Generierung verblüffend glaubhafter Bilder und die Möglichkeit mit der Fotografie in die dritte Dimension zu gehen, stehen vielleicht erst am Anfang, doch führen sie bereits jetzt zu einer spürbaren Veränderung unserer Beziehung zum Bild als Abbild.
Wir können – nicht erst seit dem verkündeten Zeitalter der „alternative facts“ – fotografische Bilder, so glaubhaft sie uns auch erscheinen mögen, nicht länger als Abbilder einer empirischen Realität begreifen. Was Roland Barthes noch in seiner „Hellen Kammer“ so wunderbar beschrieben hat, dass nämlich ein Foto etwas zeigt, das so einmal wirklich existiert hat, kann nicht mehr für alle Fotobilder Gültigkeit beanspruchen. Philip K. Dick hat bereits vor längerer Zeit die Möglichkeit vorweggenommen, mithilfe „künstlicher Intelligenz“ nicht nur Bilder, sondern auch die mit ihnen verbundenen Erinnerungen zu generieren, ohne dass sie sich auf reale Ereignisse beziehen müssen.
Michael Reisch interessiert als Künstler genau dieser Zwischenraum, oder diese Schnittstelle zwischen dem Umgang mit der vertrauen Fotografie, die etwas Außerbildliches festhält und den neuesten Entwicklungen von Technologien und durch Algorithmen definierten Programmen, welche Bilder aus sich selbst heraus zu generieren vermögen – ganz ohne Vor-Bild außerhalb der Apparatur.
Seine Arbeit besteht konsequenter Weise nicht allein darin, Fotos zu machen und Bilder herzustellen, sondern gleicht eher den Laborversuchen eines Wissenschaftlers und Experimentators, der die Bedingungen des Zustandekommens von Bildern untersucht und immer aufs Neue auslotet. Seine Kunst gleicht deshalb in letzter Zeit eher einem Experimentalsystem: Sie wird zu einer Versuchsanordnung, welche nicht so sehr das perfekte Bild als Resultat anstrebt, sondern einen ergebnisoffenen Prozess, bei dem bildgenerierende Verfahren zum Zuge kommen und zugleich kritisch-reflexiv untersucht werden. So gesehen erweitert Reisch die Grenzen des Mediums Fotografie in radikaler Weise. Und die Ergebnisse sind verblüffend wie zugleich höchst irritierend.
Reisch geht zunächst davon aus, dass unser Vertrauen in ein Bild als Abbild noch immer existiert, doch wagt er einen Schritt nach vorn: Seine Arbeit beginnt kameralos und ohne Anknüpfungspunkte in der realen Welt. Er generiert digital, mit Hilfe des Computers gegenständlich anmutende Gebilde. Zum Bespiel lassen sich Linien, Schwarz-Weiß Muster, Hell-Dunkel-Verläufe und schachbrett- oder treppenartige graphische Strukturen generieren und als 2 –dimensionale Bilder abspeichern. Das, was jedes bessere Graphikprogramm kann, bildet die Grundlage für alles Weitere.
Doch dann kommen neuere Verfahren und deren Algorithmen zum Einsatz, die diese graphischen Vorgaben „materialisieren“, d.h. mithilfe von CAD-Programmen nachempfinden und als dreidimensionale „Skulpturen“ ausdrucken. Das kann eine solche Technologie, weil ihre Algorithmen darauf programmiert sind, zweidimensionale Kantenverläufe zwischen einer schwarzen und einer weißen Fläche räumlich zu „lesen“ und zu „interpretieren“. Mit anderen Worten: Dort wo das Grafikprogramm ohne Mühe ein alternierend Schwarz-Weiß- Graues Streifenmuster geschaffen hat, beginnt das Programm das Ganze dreidimensional zu „deuten“, z. B. als Treppe zu „verstehen“ und auch als solche räumlich-haptisch auszudrucken. Auf diese Weise entstehen dreidimensionale „Gebilde“, die keinerlei Entsprechungen außerhalb ihrer selbst haben.
Es sind vollplastisch materialisierte Bildinterpretationen, deren Präsenz verblüfft und zugleich skeptisch bis kritisch innehalten lässt. Denn das, was sie zeigen, sind im Grunde Fehlinterpretationen. Sie schaffen dort Raum und materielle Substanz, wo faktisch nur gepixelte Zweidimensionalität  existierte. Der Algorithmus aber denkt noch nicht wie ein Mensch in Zusammenhängen. Er interpretiert das Vorhandene noch nicht im Sinne einer Exegese, sondern nur im eng gesteckten Rahmen seiner Möglichkeiten. Er versteht es auch noch nicht, über sich und sein Programm selbstreflexiv und kritisch zu räsonieren. Und doch liegen die vom 3-D-Drucker perfekt produzierten Resultate haptisch und dreidimensional vor. Wie wird es wohl weitergehen, wenn die „selbstlernenden“ Systeme sich weiterentwickeln?
All diese Fragen interessieren Michael Reisch als Künstler und er kommt zu einem bemerkenswerten Umkehrschluss: Er fotografiert nunmehr diese rein digital konstituierten, neuen Objekte „traditionell“ mit einer Digitalkamera, was schließlich wieder zu zweidimensionalen Fotos führt. So gesehen kehrt er die traditionelle fotografische Vorgehensweise um. Er gelangt ausgehend von Algorithmen zu realen, räumlich vorhandenen, dreidimensionalen und deshalb auch fotografierbaren Situationen und Sachverhalten.
Der bislang bekannte Weg des Fotobildes begann bekannter Maßen genau umgekehrt: immer bei einem Motiv oder Bildgegenstand. Der Foto-Apparat verhalf ihm mithilfe seines Objektivs und gewisser fotochemischer Prozesse dazu, sich in die Emulsion des Films oder in den Datenspeicher der Apparaturen neueren Datums einzuschreiben, sozusagen zur Ein-Bildung zu gelangen. Das führte zu den uns vertrauten, im Sinne Roland Barthes auch glaubhaften Fotobildern. Hier aber beginnt die Fotografie ihre eigenen Motive zu generieren, sich ihrer zu bedienen und überführt sie (weil sie sich als Kunst versteht) einer Kritik und Revision. 

Peter Friese

Roland Schapperts Digitaldrucke auf Aluminium loten das Verhältnis von vorgeblicher Realität, poetischer Beschreibung und autonomer Bildfindung aus. Abbild und Schriftzeichen verbinden sich in einer eigenen Sphäre und positionieren den Betrachter  in einen engen Dialog. Sie fordern ihn auf, eine eigene Haltung einzunehmen. Im Wechselspiel von persönlicher Annäherung und Distanzierung entfalten sich die verschiedenen Bedeutungsebenen und Assoziationspotenziale.
Bei den neuesten Digitaldrucken auf Aluminium von 2019 wie o. T. (REBEL) oder o. T. (SAG MIR WAS ICH WILL) virtualisieren sich die Motive realer Wandmalereien und analoger Tuscheskizzen in flirrender Distanz auf der schimmernden Metalloberfläche. 

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