Chris Drange

Diamonds & Butterflies | DC-Open 2021 

Diamonds & Butterflies
3. Sept. – 16 Okt.
Finissage: 16. Okt 18 Uhr

Chris Drange is best known for his large-format post-digital portraits and realist oil painting artworks. Drange is a pioneer in modern contemporary art that depicts self-identification around the mood and style of social media culture.
He specializes in court painting of modern-day influencers. His work is based on giving the digital world (photographs) a reality, by adding emojis and by painting with oil medium on canvas. His work has been featured in several exhibitions and magazines including Museum der bildende Künste Leipzig, Kunstforum International, Numéro Berlin, New York Photography Awards Exhibition, Museum für moderne Kunst, Bremen.
Drange was born in Köthen (Anhalt), Germany in 1983. He studied at the International Center of Photography in New York, at the Art Students League of New York, at the Academy of Fine Arts Leipzig and at the University of Fine Arts in Hamburg. He received a MFA in 2019 from the University of Fine Arts in Hamburg.
He lives and works in Hamburg and Berlin. Drange has published two books titled Hecho En Socialismo and Relics. He is also the recipient of Publication Grant of Materialverlag of University of Fine Arts Hamburg, and the Purple Earth Foundation Grant.

Werk delegieren
Chris Drange setzt sich in seinen großformatigen Ölgemälden mit dem Bildtypus des Selfies auseinander. Nach längerer Recherche in den sozialen Netzwerken wie Instagram und Pinterest verwendet er Bilder von Models und Influencern, zumeist mit enorm großer Reichweite und Einfluss, die er digital weiterbearbeitet und mit Emojis versieht. Anschließend werden die fertigen Kompositionen an ein Rechenzentrum in Litauen geschickt, das die Bilder auf die entsprechenden Formate skaliert, wobei die fehlenden Pixel mit künstlicher Intelligenz hinzugefügt werden. Von dort aus gehen die Dateien an eine chinesische Manufaktur, die die Bilder nach detaillierten Vorgaben produziert.
Der Künstler verwendet als Vorlage zu seinen Arbeiten Portraits – genauer gesagt Selfies von jungen Frauen, mit einer erheblichen Reichweite in den sozialen Medien. Kylie Jenner, die es bereits im Alter von 21 Jahren zur Milliardärin geschafft hat, kann auf Instagram ca. 270 Millionen Follower vorweisen – das ist etwa das 20-fache der New York Times. Diese jungen Frauen verfügen nicht nur über sehr viel Geld, sondern auch über sehr viel Einfluss. Das Instrument dieser Machtausübung ist der gezielte Einsatz von Bildern – zumeist Selfies und Portraits – die lediglich mit einigen Kommentaren und Emojis versehen werden müssen, um einem Millionenpublikum das Gefühl zu geben an ihrem Leben teilhaben zu können. Im Mittelalter mussten Pilger noch zu den Ikonen reisen, um sich durch Berührung eine heilende Wirkung erhoffen zu können. Heute kommen diese Ikonen in digitaler Form zu den Betrachtenden, wobei die ehrfurchtsvolle Berührung durch ein mit dem Daumen ausgeführtes „Like“ oder „Follow“ ersetzt wurde. Die Summe dieser Gefolgschafts- und Sympathiebekundungen sind mittlerweile ein Symbol für Einfluss und Relevanz, das die Unternehmen mit lukrativen Werbeverträgen honorieren.
Das Selfie ist hierbei eine recht neue Form des Portraits, die, wie der Kunstwissenschaftler Wolfgang Ullrich konstatiert, sich vor allem durch die fehlende Distanz des Betrachtenden zu sich selbst vom klassischen Selbstportrait unterscheidet. Es ist „ein“ Ausdruck unter vielen Möglichen, der nicht das Wesen einer Person zusammenfasst, sondern lediglich die temporäre Facette einer Persönlichkeit darstellt, wodurch Nähe und Authentizität suggeriert werden.
Richard Prince stellte bereits 2014 überdimensional aufgezogene Fotos von Instagram Usern bei Gagosian aus und erntete dafür viel Kritik. Hierbei stand jedoch in erster Linie der Akt der Aneignung, der für das gesamte Werk des Künstlers charakteristisch ist im Vordergrund. In den Arbeiten von Chris Drange geht es vielmehr darum ikonenhafte Bilder aufzuspüren und diese durch die mediale Übertragung in Malerei, die immer mit einer Verfestigung und Verlangsamung verbunden ist, in den Wahrnehmungskontext der Kunst zu setzen. Die Bilder, die er dabei verwendet, haben bereits eine Karriere innerhalb der Infrastruktur der sozialen Medien durchlaufen und wurden durch zahlreiche Likes prämiert. Die Auszeichnung durch den Ausstellungskontext ist eigentlich nur eine logische Schlussfolgerung dieser Erfolgsgeschichte.
Chris Drange geht einen nach wie vor ungewöhnlichen Weg, indem er einen konzeptuellen Prozess lediglich in Gang setzt und delegiert, auch wenn er als kontrollierende Instanz bis zum Schluss beteiligt ist. Eine vollständige Auslagerung des Herstellungsprozesses, löst im Kunstbetrieb nach wie vor Kontroversen aus, obwohl diese Form der arbeitsteiligen Produktion bis ins Barock zurück datiert werden kann. Rubens unterhielt eine Bildermanufaktur mit über hundert Angestellten, deren produktiver Ausstoß seinen Ruhm erst zur voller Entfaltung bringen konnten. Andy Warhol war sicherlich der erste, der die serielle Massenproduktion, von Kunstwerken in seinem Atelier – das nicht umsonst „Factory“ hieß – nicht mehr hinter vorgehaltener Hand betrieb, sondern offen zur Schau stellte. Heute beschäftigen Künstler wie Damien Hirst, Takashi Murakami, Jeff Koons oder Anselm Reyle, bei dem Chris Drange studierte, mittelständige Unternehmen von bis zu 200 Mitarbeitern, die den gesamten Prozess von der Bildgenese, bis zur Auslieferung des fertigen Werks koordinieren. Trotzdem scheint nach wie vor die Hand des Künstlers als verlängerter Arm der Vorstellungskraft und untrüglichem Anzeichen von Authentizität unabdingbar zu sein. Hierbei wird jedoch oft vergessen, dass der Prozess der Gestaltungsentscheidungen sowie der Konzeptualisierung stets „in der Hand“ des Künstlers bleibt und lediglich die Ausführung abgegeben wird. Chris Drange bedient sich einer Produktionsform, die seit der Globalisierung nicht nur unsere Smartphones und die Kleidung, die wir tragen, sondern nahezu das gesamtes Warensortiment der westlichen Welt umfasst. Man weiß darum und in der Regel äußert sich der Unmut darüber nicht mehr als in einem dezenten Zähneknirschen und dem Vorsatz beim nächsten Kauf in Erwägung zu ziehen lokale Produkte zu berücksichtigen. Sofern sich ein Künstler zu dieser Form des Outsourcing entscheidet, wird der Unmut jedoch deutlich lauter vorgetragen. Was als Notwendigkeit in der Produktion von Gütern akzeptiert wird, gilt in der Kunst nach wie vor als anrüchig. Die in Auftrag gegebene Herstellung der Arbeiten werden als Anstoss zum Ärgernis wahrgenommen, was jedoch die ständige Ambivalenz in der wir uns in der westlichen Welt befinden, offenlegt. Als Konsumenten sind wir in eine Verwertungslogik eingebunden, die uns in weiten Teilen nicht ganz behagt, die wir aber durch die Tatsache, dass wir konsumieren immer wieder aufs Neue bejahen.
Die Arbeiten von Chris Drange sind Verdichtungen unserer heutigen Zeit, ohne diese in irgendeiner Form zu kommentieren. In ihnen zeigen sich sowohl die Verehrung weiblicher Ikonen aus einer Perspektive, die sicherlich auch durch patriarchale und kapitalistische Strukturen geprägt ist, als auch die Produktionsbedingungen in einer globalisierten Welt. Der Künstler zeigt Darstellungen von Frauen zwischen Male Gaze und Empowerment, Kitsch und effizienter Produktion ohne Duktus und Autor. Mit dieser Ambivalenz der Anziehung und des Unbehagens, die konstitutiv für die Zeit ist, in der wir leben, lässt er den Rezipienten alleine.

Falko Alexander

//EDUCATION

2019 
MFA from Hochschule für bildende Künste (HFBK), Hamburg, Germany 

2017 
BFA from University of Fine Arts in Hamburg (HFBK), Hamburg, Germany 

2015-19 
studies at University of Fine Arts in Hamburg (HFBK), Hamburg, Germany 

2013-14 
studies at Academy of Fine Arts Leipzig (HGB), Leipzig, Germany 

2007-08 
studies at School of the International Center of Photography (ICP), New York, USA 

2007-08 
studies at Art Students League of New York, USA

//SELECTED EXHIBITIONS

2021   
solo exhibition (forthcoming), Plan X Gallery, Milan, Ital
DIREKTE AUKTION, Ostdeutsche Kunstauktionen, art auction, Berlin, Germany
NFTism: NO FEAR IN TRYING, Unit London, group exhibition, London, UK
DIAMONDS & BUTTERFLIES, Falko Alexander Galerie, solo exhibition, Köln, Germany
MISA, Messe St. Agnes, KÖNIG Galerie, art fair, Berlin, Germany
INTERLEAVING, Falko Alexander Galerie, group exhibition, Köln, Germany
VANITY, Tick Tack, solo exhibition, Antwerp, Belgium
THE ARTIST IS ONLINE, KÖNIG Galerie, group exhibition, Berlin, Germany

2020
DER RIVER, Baumwollspinnerei, group exhibition, Leipzig, Germany
LINK IN BIO, Museum für bildende Künste, group exhibition, Leipzig, Germany

2019
NEW PAINTINGS, Hochschule für bildende Künste graduation exhibition, Hamburg, Germany
CLASS OF ANSELM REYLE, Hochschule für bildende Künste, annual exhibition, Hamburg, Germany

2018
CLASS OF ANSELM REYLE, Hochschule für bildende Künste, annual exhibition, Hamburg, Germany

2017
ARTIST´S BOOKS FOR EVERYTHING, Zentrum für Künstlerpublikationen, Weserburg, Museum für moderne Kunst, Bremen, Germany
KLEINE GESELLSCHAFT FÜR PROFANE RELIQUIEN, Kleine Gesellschaft für Kunst und Kultur, Hamburg, Germany

2016 
KONFORM, group exhibition, Lemgo, Germany
WIMMELBILDER, Hochschule für bildende Künste, annual exhibition, Hamburg, Germany 

2014 
HOTO BASTEI, Photo Bastei, group exhibition, Zürich, Switzerland 

2013 
RAUM1, F40, group exhibition, Berlin, Germany 

2012 
DIE HAUT DER STADT, Fenster61, solo exhibition, Berlin, Germany
NEW YORK PHOTOGRAPHY AWARDS, New York Photo Festival, group exhibition, Brooklyn, New York, USA 

PASSAGES, Salon Separee, solo exhibition, Berlin, Germany 

//PUBLICATIONS

2017 
RELICS, 112 pp., 97 ills., Hatje Cantz Verlag, ISBN 978-3-7757-4362-4 

2015 
HECHO EN SOCIALISMO – SOCIALISM TODAY IN VENEZUELA, 160 pp., 149 ills., Kerber Verlag, ISBN 978-3-7356-0096-7 

2014 
NYPH Journal, Volume 1, TIME IN SPACE, powerHouse Books, ISBN 978-1-5768-7664-0 

//GRANTS

2017 
Publication Promotion, Materialverlag – HFBK, Hamburg
Promotion, Purple Earth Foundation, Berlin 

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