Arno Beck

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Arno Beck ver­bin­det in sei­nen neu­en Arbei­ten Dar­stel­lungs­kon­zep­te ana­lo­ger Repro­duk­ti­ons­tech­ni­ken mit der Ästhe­tik digi­ta­ler Bil­der­zeu­gungs­ver­fah­ren. Zunächst wird die Vor­la­ge, die am Rech­ner erstellt wird, in eine stark ver­ein­fach­te Raster­gra­fik umge­wan­delt, wobei die 32/er Farb­pa­let­te des Game­boy Color als Ori­en­tie­rungs­sy­stem dient. Auf den Digi­ta­li­sie­rungs­pro­zess, des­sen Sinn und Zweck es ist, das Bild für die druck­tech­ni­schen Gege­ben­hei­ten der Ver­viel­fäl­ti­gungs­ma­schi­nen bzw. die Vor­aus­set­zun­gen der digi­ta­len Über­tra­gung vor­zu­be­rei­ten, folgt jedoch wie­der eine ana­lo­ge Arbeits­pha­se. Die ein­zel­nen Bild­qua­dra­te wer­den von Hand in tau­sen­de gleich gro­ße Holz­stücke zurecht gesägt, die mit einer Druck­wal­ze ein­ge­färbt und zu einem Pixel­mo­sa­ik zusam­men­ge­fügt wer­den. Anschlie­ßend erfolgt ein ein­zel­ner Abdruck auf Japan­pa­pier, wobei auf eine Ver­viel­fäl­ti­gung des Motivs bewusst ver­zich­tet wird. Jeder Druck ist ein Uni­kat. Der Künst­ler greift in den Ablauf eines auf Auto­ma­ti­sie­rung hin aus­ge­rich­te­ten Repro­duk­ti­ons­pro­zes­ses ein und stellt die Spiel­re­geln auf den Kopf. Sobald das Bild für eine maschi­nel­le Wei­ter­ver­ar­bei­tung vor­be­rei­tet ist, erfolgt eine über­ra­schen­de Wen­dung. Es setzt eine Pha­se der mühe­vol­len Hand­ar­beit ein und das Ergeb­nis eines auf seri­el­le Ver­viel­fäl­ti­gung ange­leg­ten Arbeits­pro­zes­ses wird zum Ori­gi­nal. Hand­ar­beit und Digi­ta­li­sie­rung durch­drin­gen sich auf eine unvor­her­ge­se­he­ne Art und Wei­se: die Hand scheint sich gera­de an dem Punkt ein­mi­schen zu wol­len, wo die Maschi­ne ihren Kom­pe­tenz­be­reich für sich bean­sprucht. Die so ent­stan­de­nen Mosa­ik­drucke kon­fron­tie­ren eine Raster­äs­the­tik der digi­ta­len Per­fek­ti­on mit den unge­len­ken Ver­schie­bun­gen und Über­la­ge­run­gen einer ana­lo­gen Umset­zung. Es ent­steht ein Span­nungs­ge­fü­ge zwi­schen geplan­ter Ord­nung und will­kom­me­nen Aus­brü­chen aus einem sta­ti­schen System, die einen leben­di­gen Farb­raum erzeu­gen. Der Zufall ergänzt und erwei­tert das System. Man fühlt sich hier­bei sogleich an die Unre­gel­mä­ßig­kei­ten und Farb­ab­wei­chun­gen in den Sieb­drucken War­hols erin­nert. Die Hand hin­ter­lässt auch in der Imi­ta­ti­on eines maschi­nel­len Pro­zes­ses ihre eige­nen Spu­ren. Wal­ter Ben­ja­min beklag­te bereits in den 30er Jah­ren des 20. Jahr­hun­derts in sei­nem viel zitier­ten Auf­satz „Das Kunst­werk im Zeit­al­ter der Repro­duk­ti­on“ den Ver­fall der Aura des Kunst­wer­kes vor dem Hin­ter­grund sei­ner mas­sen­haf­ten Ver­brei­tung durch Ver­viel­fäl­ti­gun­gen. Ben­ja­min defi­niert die das Kunst­werk umge­ben­de Aura als Zeug­nis einer Ein­ma­lig­keit und einer in sich getra­ge­nen Histo­ri­zi­tät, die durch jeg­li­che Form der Repro­duk­ti­on unter­gra­ben wird. Arno Becks Ver­fah­ren könn­te man als den humor­vol­len Ver­such einer „Re“-Auratisierung des Kunst­werks in Zei­ten der Bild­in­fla­ti­on bezeich­nen. Der qua­dra­ti­sche Farb­pi­xel als Sym­bol der iko­no­gra­fi­schen Indu­stria­li­sie­rung wird müh­sam von Hand zurecht­ge­schnit­ten und mit Far­be ver­se­hen, um in einem auf­wen­di­gen Holz­druck­ver­fah­ren ein Uni­kat zu erzeu­gen, was dem Grund­prin­zip der Druck­tech­nik völ­lig wider­spricht. Zusam­men mit den Holz­drucken ent­steht eine Serie an Schreib­ma­schi­nen­gra­fi­ken in einer ähn­li­chen Moti­vik. Nach­dem ein Schreib­ma­schi­nen­blatt durch ein Raster aus „+“-Zei­chen vor­struk­tu­riert wur­de, beginnt die Umset­zung des Motivs durch die Ver­wen­dung von sechs ver­schie­de­nen Buch­sta­ben und Zei­chen, die einen jeweils eige­nen Hel­lig­keits­wert erzeu­gen, der jedoch, ähn­lich wie beim Kla­vier, durch die Här­te des Anschlags vari­iert wer­den kann. Die Buch­sta­ben­par­ti­tu­ren wer­den als Edi­ti­on von jeweils 10 Exem­pla­ren umge­setzt, wobei jedes ein­zel­ne Blatt von Hand neu ein­ge­tippt und somit auch zu einem Uni­kat wird. Wie bei den Holz­drucken ver­sucht der Künst­ler sich bei der Umset­zung des Motivs bewusst Stei­ne in den Weg zu legen, indem er ein aus­ran­gier­tes Relikt der Text­ge­stal­tung zur Dar­stel­lung einer Gra­fik ver­wen­det. Doch auch hier ent­steht ein Ergeb­nis, mit einer völ­lig eige­nen Ästhe­tik in einem Span­nungs­feld zwi­schen sub­jek­ti­vem Aus­druck und vor­struk­tu­rier­ter Ord­nung. Arno Beck bestrei­tet in bei­den Seri­en einen außer­ge­wöhn­li­chen Weg. In einer Zeit der infla­tio­nä­ren Erzeu­gung und Ver­brei­tung von digi­ta­len Bil­dern stellt er das Prin­zip der Repro­duk­ti­on auf den Kopf und Infrage.

Fal­ko Bürschinger