Tim Berresheim

DC-Open 2022 | La Grotta della Fenice – Una Passione Inconfessabile

DC OPEN 2022

Exhibition: 2. September – 19. November
Opening: Fr 2. September, 13 Uhr
Finissage: Sa 19. November, 18 Uhr

La Grotta della Fenice – Una Passione Inconfessabile

Sollen sich andere in der Zukunft wähnen, Tim Berresheim hockt in seiner Höhle und bearbeitet den Faustkeil. Ausgerechnet einer, der die computergenerierte Kunst seit 20 Jahren lustvoll nach vorne treibt, stellt ab aufs Steinzeitnarrativ. Wie early ist dieser Bird? Berresheim fragt sich das immer wieder. Er will früh dran sein, der Erste vielleicht. Aber er will sich auch nicht hinreißen lassen von der Behauptung eines Fortschritts, der sich noch nicht als solcher erwiesen hat. Berresheims großformatige Leinwandarbeiten tragen die Leidenschaft im Namen, „Una Passione arcobaleno media“ oder „Una passione ornamentale più piccola“. Die bunten Farbbüschel demonstrieren Präsenz von malerischer Qualität. Jedes feine Härchen basiert auf einem UVW Map ummantelten Polygon. Die Kompositionen sind errechnet mit Sampling-Stufe zehn. Im Vergleich zu früheren Arbeiten ist da erkennbar mehr Glanz, mehr Schwung – mehr Pinselstrich, will man meinen. Nur dass eben kein Pinsel zum Einsatz kam.
Mithilfe des Computers bringt Tim Berresheim das Ungesehene in die Welt. Er sucht und schafft Bilder jenseits der Grenzen menschlicher Wahrnehmung. Multi- statt Zentralperspektive, Gleichzeitigkeit satt Kausalverkettung, Überlagerung statt Ausschnitt. Seine Fotoarbeiten auf Baryt zeigen Räume, die nicht sind, nicht seien können und doch als gezielt auseinandergeschnittene, ineinander verzahnte Laserscans historischer Gebäude unmittelbar auf eine analoge Realität und die Hand des Künstlers verweisen. Tim Berresheim sitzt in seiner Höhle, um ihn liegt alles in Asche. Die ganze Welt liegt in Asche – buchstäblich jedenfalls nennenswerte Teile davon, metaphorisch noch mehr, weil der Kipppunkt der Glückseligkeit überschritten, die Rettung ungewiss erscheint. Berresheim sucht die Stelle, an der der Phönix erneut der Glut entsteigen wird. Das war schon einmal so. 2010, „Phoenix – The Guilty Pleasure“: Berresheims erste Ausstellung in den USA nach dem Bankencrash. Der Künstler frönte der schamlosen Hingabe an eine formalästhetische Schönheit. Heute tut er es wieder, hat es eigentlich immer getan. Das visuell Reizvolle ist Treiber seiner forschenden Praxis, nicht aber ihr Zweck. Berresheims neueste Arbeiten sind von überraschender Strenge und Klarheit. Ein Eingeständnis der Ernsthaftigkeit, mit der er Ausdrucksformen des Digitalen erschließt.  Berresheims technische Finesse lässt sich über die Erfahrung seines Werks vielleicht nicht vollumfänglich verstehen, doch aber erahnen. Um ihr Potenzial erlebbar zu machen, inszeniert er Ausstellungen als Bühnenstück. Für „La Grotta della Fenice: Una Passione Inconfessabile” in der Galerie Falko Alexander wird eine großformatige Wandarbeit zur Kulisse einer reichhaltigen Erzählung vom frühen Phönix im Verlauf der Geschichte, der die Flügel ausbreitet, aufsteigt, ausbrennt, um aus eigener Asche neu zu werden. Berresheim bedient sich des Vergangenen, um von einer Gegenwart zu erzählen, die sich in die Zukunft lehnt. Er zitiert futuristische Körperentwürfe des 17. Jahrhunderts, die Architektur des eigenen Aufwachsens, die Opulenz des Barocks, Versatzstücke früherer Arbeiten und hippiesque Computer-Visionen prä Vernetzungsdystopie. Ein Blick in den Kopf des Künstlers offenbart einen irren Referenzrahmen, aus dem sich unterschiedlichste Narrative spinnen lassen, wobei es aber nie um weniger als das Ganze geht – das Ganze im Sinne von „alles auf einmal“. So dämmert es denn: Nicht wer das neueste iPhone in den Händen hält, erfasst schöpferische Höchstleistung; auf die irrsinnigsten Auswüchse technologischer Innovation hat die überwiegende Mehrheit aller iPhone-Besitzer*innen gar keinen Zugriff. Hinterm Screen sind die Menschen Höhlenbewohnende geblieben, scrollen auf niedriger Entwicklungsstufe nach dem, was kommen mag. Tim Berresheim agiert in seiner digitalen Höhle als Autor der Utopie. Sein Faustkeil ist kein Gadget, er ist ein Transformationswerkzeug.

Anna Meinecke

Tim Berresheim
geboren 1975 in Heinsberg
lebt und arbeitet in Aachen

Ausbildung
1998 bis 2000 Hochschule für Bildende Künste Braunschweig (Johannes Brus)
2000 bis 2002 Kunstakademie Düsseldorf (Albert Oehlen)

Sammlungen (Auswahl)
Die Sammlung zeitgenössischer Kunst der Bundesrepublik Deutschland
MoMA Collection, New York
Frederick R. Weisman Art Foundation, Los Angeles
Adrastus Collection, Ávila
Peter und Irene Ludwig Stiftung, Aachen
Stiftung Museum Kunstpalast, Düsseldorf
Nationalbank AG, Essen
Kunstmuseum Stuttgart, Stuttgart
Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart
Kunstmuseum Celle (Sammlung Robert Simon), Celle
Fördersammlung des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft, Aachen

Einzelausstellungen (Auswahl)

2021
Tim Berresheims Bilderreise – die Augmented-Reality-Radroute durchs Heinsberger Land – Dezentrale Ausstellungsroute im Kreis Heinsberg

2020
„Aus alter Wurzel Neue Kraft
Teil 3“ –  Mehrere Ausstellungsorte,
Wassenberg und Heinsberg
„Störgrösse (AAWNK)“ – Galerie
Falko Alexander, Köln
„Das Auge im Neuen einüben (AAWNK)“ – Galerie Reinhard Hauff

2019
„Aus alter Wurzel Neue Kraft. From
Los Angeles to Bad Aachen“ – Die
Kabine, Aachen
„Sleep Walk“ – Ruttkowski;68, Paris
„Tim Berresheim. works 2007-2019“ – Office Reiner Opoku, Berlin

2018
„Harry Rag” – Gallery Belmacz, London
„Smashin´ Time II” – Kunst Raum Riehen, Riehen
„Suspension of Disbelief“ – Neuer Aachener Kunstverein, Aachen

2017
„Smashin´ Time” – Kunst & Denker Contemporary, Düsseldorf
„Auf der Pirsch” – Galerie Reinhard Hauff, Stuttgart

2016
„Aus alter Wurzel Neue Kraft” – Meliksetian Briggs, Los Angeles

2015
„Tim Berreheim. 2003-2015” – Ludwig Forum, Aachen

2014
„Auge und Welt” – Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen, Düsseldorf

2012
„Tarnen & Täuschen – too long;didn“t read SOS” – Galerie Thomas Flor, Berlin

2011
„Tropical Dancer (seeing is believing) 2007–2011” – Cardi Black Box, Mailand
„Pondering W.T.F. (No methodology)” – Kunstverein Leverkusen im Schloss Morsbroich, Leverkusen

2010
„Future Gipsy Antifolklore What?!” – Marc Jancou Contemporary, New York
„Phoenix – The Guilty Pleasure” – Patrick Painter Inc., Los Angeles
„Radieschen und Erdnuss – eine gemeinsame Erklärung” – Kunsthalle Gießen, Gießen

2009
„CONDITION TIDINESS. RUDE” – Patrick Painter Inc., Los Angeles

2008
„Scheuche (Mild)” – Marc Jancou Contemporary, New York
„Condition Platinum (Tidiness)” – Galerie Hammelehle und Ahrens, Köln

2007
„Violett (Haar)” – Patrick Painter, Inc., Los Angeles

2004
„Don‘t call us piggy, call us cum” – Galerie Hammelehle und Ahrens, Köln

Gruppenausstellungen (Auswahl)

2022
Futur 21 – Dezentrale Ausstellungsroute in NRW
MUSTERUNG. Pop und Politik in der zeitgenössischen Textilkunst – Kunstmuseum Ravensburg, Ravensburg
Unendliche Geschichten. Aus der Sammlung Oehmen – Museum Ratingen, Ratingen
Hartmut Neumann. Fremde Ebenen – Museum für Photographie Braunschweig, Braunschweig
Screentime – Künstlerische Ansätze vor und hinter dem Bildschirm – Kunsthaus NRW Kornelimünster, Aachen

2021
Jetzt oder nie – 50 Jahre Sammlung LBBW – Kunstmuseum Stuttgart, Stuttgart
AR Biennale – NRW Forum, Düsseldorf
I dialogue, Kinch – Gallery Belmacz, London
Die Grosse 2020/2021 – Museum Kunstpalast, Düsseldorf

 

2020
„sammlung mit losen enden 04“ – Kunsthaus Nordrhein-Westfalen Kornelimünster, Aachen

2019
„Lust der Täuschung – Von antiker Kunst bis zur Virtual Reality“ – Ludwig Forum für internationale Kunst, Aachen
„It’s All Black and White – Contemporary Art from the Frederick R. Weisman Art Foundation“ – The Frederick R. Weisman Museum of Art at Pepperdine University, Malibu
„14. Triennale Kleinplastik Fellbach“ – Alte Kelter, Fellbach

2018
„Black & White & IN BETWEEN. Contemporary Art from the Frederick R. Weisman Art Foundation” – Carnegie Art Museum, Oxnard „Die Macht der Vervielfältigung“ – Museu de Arte do Rio Grande do Sul, Porto Alegre„Becoming Animal” – Den Frie Udstillingsbygning, Copenhagen & Museet for Religiøs Kunst, Lemvig „Mixed Realities” – Kunstmuseum Stuttgart, Stuttgart
„Brisante Träume” – Die Kunst der Weltausstellung” – Marta, Herford

2015
„Better than de Kooning” – Villa Merkel, Galerien der Stadt Esslingen, Esslingen

2014
„The New Romantics” – Eyebeam, New York

2013
„Dumb Rocks” – Gallery Belmacz, London
„Scheinwerfer. Lichtkunst in Deutschland im 21. Jahrhundert” – Kunstmuseum Celle mit Sammlung Robert Simon, Celle

2012
„Alternative Entrance” – kunstbunker – forum für zeitgenössische kunst, Nürnberg

2011
„Tim Berresheim & Matthias Schaufler“, Corbett vs. Dempsey, Chicago

2009
„St. Moritz Art Masters” – St. Moritz

2008
„Faces and Figures (Revisited)” – Marc Jancou Contemporary, New York
„Vertrautes Terrain. Aktuelle Kunst in & über Deutschland (Collectors’ Choice)” – ZKM l Museum für Neue Kunst, Karlsruhe

2007
„LEG SHOW” – Patrick Painter Inc., Los Angeles

2006
„Räume für Kunst” – Sammlung Grässlin, St. Georgen

2002
„Offene Haare, Offene Pferd. Amerikanische Kunst 1933-45” – Kölnischer Kunstverein, Köln

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