Western Gods
Florian Kuhlmann & Dennis Rudolph
Exhibition: 23.Mai – 21. Juni
Opening: Fr 23.Mai, 18 Uhr
WESTERN GODS
Florian Kuhlmann und Dennis Rudolph
Ist die westliche Kultur am Ende? Sind ihre Werte zu verblichenen Götzen verkommen? Florian Kuhlmann und Dennis Rudolph gehen dieser Frage in der Galerie Falko Alexander mit ihrer Duoausstellung „WESTERN GODS“ auf den Grund. Entgegen des viel propagierten Untergangs des Abendlandes wohnt jedem vermeintlichen Niedergang auch stets ein neuer Anfang inne, hebt die westliche Idee von Freiheit womöglich sogar auf eine neue Ebene. Denn spielend leicht lässt sich heute mithilfe technischer Geräte in andere Realitäten eintauchen, werden die Nutzenden sukzessive selbst zu einer Art Cyborgs. Benötigen solch neue Menschen nicht auch neue Götter? Diese würden dann nicht länger Zeus oder Athene, sondern Apple, Google und co. heißen, wären auf dem modernen Olymp namens Silicon Valley beheimatet.
Ein Portal verbindet die Kölner Galerie mit Kalifornien, dem äußersten Punkt des Westens. Dorthin reiste Rudolph im Jahr 2012, fand das Ende der Welt in Gestalt von California City vor. Die flächenmäßig drittgrößte Stadt Kaliforniens wurde in den 1960er-Jahren als Planstadt entwickelt, aber aufgrund des ausbleibenden Erfolgs nie fertiggestellt. Trotz Rathaus und Central Park gleicht sie einer Geisterstadt, ist Beispiel gescheiterter Utopien. Sie erschien dem Künstler als idealer Standort für die Realisation der länger schon gereiften Idee einer Neuauflage von Auguste Rodins Höllentor. Digital gemalte Erzengel stützen nun das schillernde Portal, das von erhöhtem Standpunkt in virtueller Realität Ausblick auf die Mojave Wüste gewährt. Die linke Figur materialisiert sich dabei als Bronzebüste im Ausstellungsraum, ist physischer Ankerpunkt des Portals. Sobald das Tor geöffnet wird, entspinnt sich eine fiktive Städtepartnerschaft.
Gänzlich neu ist die Idee von Illusionsräumen allerdings nicht. Bereits die Alten Meister schufen illusionäre Deckenfresken, täuschten im Trompe-l’œil das betrachtende Auge. Sind das die Vorläufer der digitalen Revolution? Diesbezüglich ließe sich noch weiter in der Geschichte zurückreisen – bis ins antike China. So findet sich im „I Ging“, auch Buch der Wandlungen genannt, ein fast 3000 Jahre altes Konzept, welchem ein frühes binäres System zum Zweck des Verständnisses der Prinzipien des Universums und menschlicher Existenz zugrunde liegt. Darin repräsentieren drei durchgehende oder unterbrochene Linien als Bagua Trigramme die komplementär angelegten Kräfte des Universums, Yin und Yang.
Das „I Ging“ ist eines der ersten Belege für ein antikes digitales Zeichensystem und inspirierte Kuhlmann zu seiner neuen Serie der „METAMODERN TRIGRAMS“. In der netzbasierten digitalen Collage „displacement“ leuchten die Linien in roter, grüner und blauer Farbe, schwellen in Wellenbewegungen an und ab, werden von sich bewegenden Elementen hinterfangen. Prominent platziert sind zwei Trigramme, die einzeln Himmel und Erde bedeuten. Zu einem Hexagramm kombiniert, gelangen sie zu einer neuen titelgebenden Bedeutung. Kuhlmann hat das Hexagramm nachträglich auf Basis des „I Ging“ Orakels zusätzlich verifiziert. Dies funktioniert beispielsweise durch Münzwurf. Die Summe der geworfenen Zahlen dreier Münzen ergibt von unten nach oben gelesen die jeweilige Zusammenstellung von soliden und geteilten Querstreben.
Im Westen wie im Osten lassen sich also Vorläufer von Virtual und Mixed Reality finden. Nur folgerichtig ist das Digital Empire ebenfalls ein globales Phänomen mit unterschiedlicher regionaler Ausprägung. Was bringt die Zukunft? Sind es eines Tages allwissende Künstliche Intelligenzen, um welche sich die Völker scharen, sie in Tempeln anbeten und um Vergebung anflehen? So wie in Kuhlmanns digitalem Asset „DEAR DIGITAL GODS!!1! I AM SO SORRY I CAN’T PAINT“, das an Rudolphs digitale Malereien anknüpft. Ewiges Leben ließe sich dann womöglich als in Quantencomputern hochgeladenes Ich erlangen und die Idee von Freiheit würde im Digitalen wiedergeboren – THE WEST IS DEAD LONG LIVE THE WEST.